NMUN-DELEGATION 2017

Am Montag ging es für die ersten los. In reduzierter Mannschaftsstärke trafen die ersten acht trotz Flughafenstreik in unserem Loft in Bushwick, New York zusammen. Noch in der Nacht stellten wir fest, dass für den nächsten Tag ein Blizzard angekündigt war, „it’s a good day to stay at home“, sagte der Gouvernour von New York dazu.

Aber das konnte uns natürlich nicht abhalten. Todesmutig wagten wir uns raus in den Schneesturm und konnten die Stadt in einem anderen Licht kennenlernen: mit leeren Straßen, weißen Fußwegen und nassen Füßen. Im überraschend ruhigen Central Park konnten wir bei einer Schneeballschlacht die ersten Fans kennenlernen, eine Gruppe Schüler:innen aus dem Süden.

Der Blizzard hatte aber einen anderen, sehr unangenehmen Effekt für uns. So konnten Mandy und Zoë statt wie geplant am Dienstag erst am Mittwoch und Freitag zu uns stoßen. Wir haben sie umso herzlicher aufgenommen, und als Tarek dazustieß, war unsere Wohnung dann auch voll belegt.
In dieser Zeit, die wir vor der Konferenz hatten, erkundeten wir auf ganz verschiedene Weise an ganz verschiedenen Orten die Stadt. So wurden wir auch in eine regionale Talkshow eingeladen, in Connecticut in der Nähe von New York City, wo wir mit jemandem, der gegenüber der UN und unseren politischen Ansichten extrem kritisch eingestellt war, unter anderem über unser Projekt und die politische Situation in Deutschland geredet haben. Den Auftritt könnt ihr euch hier auf YouTube (externer Link) ansehen.

Vom überwältigenden Manhattan über das hippe Williamsburg bis hin zu unserem Kiez, Bushwick, waren wir jedenfalls von der Stadt extrem beeindruckt und haben die Erfahrung genossen, über diese gewonnenen Eindrücke abends und morgens zu Hause als Team noch weiter zusammen zu wachsen.

Als wir dann am Samstag in das Sheraton am Times Square zogen, waren wir auch endlich alle vereint. Wir verteilten uns sodann jeweils zu viert auf die Zweibettzimmer und besuchten noch ein Rules Training, bevor wir uns in Vorfreude auf den nächsten Tag, an dem die Konferenz losgehen sollte, aufs Ohr legten.

Und dann ging auch alles schon ganz schnell. Frühstücken, Konferenzkleidung überwerfen, noch die letzten Vorbereitungen treffen und eine Opening Speech schreiben (schließlich kann man mit etwas Glück gleich vorne auf der Speakers List stehen, da will man nicht ohne Text dastehen!). Dann ging es für uns als Delegation in die Opening Ceremony. Eröffnet durch eine Videobotschaft des UN-Generalsekretärs António Guterres, wandte sich Keynote Speaker Hina Shamsi unter dem Motto „everyone is welcome here“ an uns und gegen die derzeitige Einreisepolitik der USA, um die Bedeutung der internationalen Zusammenarbeit zu betonen und uns Mut zu geben, uns einzusetzen.
Von da ging es direkt in die ersten Sessions. Man tauschte Visitenkarten aus, besprach sich, welches Thema man als erstes diskutieren möchte („Agenda Setting“), und die ersten durften auch schon eine Rede halten. Beendet wurde die Session durch eine erste Abstimmung, und das Thema für die nächsten Tage war damit klar.

Auf dem Weg in die Zimmer wurden wir direkt mit dem ersten Problem konfrontiert: Die Fahrstühle und die Schlangen, die sich davor ausbreiteten. Zum Glück haben wir es irgendwie reingeschafft, und nach einiger Zeit haben wir auch einen Trick gefunden, die Schlangen zu umgehen. Die 18 Stockwerke hochzulaufen, das hat jede:r von uns wohl höchstens einmal gemacht!

Die Konferenz bestimmte dann maßgeblich die folgenden Tage. Morgens früh fingen wir an und arbeiteten bis spät in die Nacht. Auch nach offiziellem Konferenzende (um 11 Uhr nachts) standen die Tastaturen bei kaum jemandem still. Zu wichtig die Perfektion der Draft Resolutions und die Teamarbeit an den gemeinsamen Entwürfen.

Zwar gab es täglich mehrmals zweistündige Pausen bei NMUN. Zwei Stunden verlaufen in Manhattan aber in einem ganz anderen Tempo als woanders auf der Welt. Hatte man sein Mittagessen, möglichst günstig und viel, gefunden und gegessen, wunderte man sich beim Blick auf die Uhr, dass die nächste Session doch nur eine halbe Stunde entfernt war. Und weil wir mit dem Fahrstuhlfahren ja bereits Erfahrung hatten, war man gut daran, auch die letzte halbe Stunde zeitlich nicht zu überschätzen.

In den Sessions selber hat man zwar meist schnell seine Gruppe gefunden, mit der man an einem Working Paper, das später zu einer Resolution werden soll, arbeiten will. Manche stellten selber ihre Gruppe zusammen und führten den Entwurf an, während in anderen Kommittees die Teamleitung schnell von bestimmten US-amerikanischen und kanadischen Studierenden an sich gerissen wurde. Die waren meist an Universitäten, die für die Teilnahme bei NMUN und den Erfolg Credit-Points bekamen und hatten dementsprechend hohen Druck, bei den Chairs (die Moderator:innen der Diskussion und gleichzeitig die „Jury“) gut anzukommen und besonders engagiert zu arbeiten.

Wir haben aber versucht, uns hinter diesen Leuten nicht zu verstecken, und das scheint auch ganz gut geklappt zu haben. In allen Kommittees haben wir erfolgreich Resolutionen entworfen, die auch am Ende gemeinsam angenommen wurden. Spannend wurde es noch einmal in der letzten Phase. Kaum hatte man die Draft Resolution fertig geschrieben, da wurde man von den Chairs gebeten, sie doch zu „mergen“, also sie mit der Draft Resolution einer anderen Gruppe zu verschmelzen. Also nochmal zusammensetzen, teilweise in riesigen Scharen, und gemeinsam aushandeln, was in der Resolution bleiben darf, oder was nicht kompromissfähig ist. Am Ende stand dann die Merged Resolution, über die im Kommittee abgestimmt wurde.

Ich kann nur für die UNEA (United Nations Environment Assembly) sprechen; dort herrschte jedenfalls großer Konsens und alle Resolutionen sind erfolgreich angenommen worden. Ein großer Erfolg für das Kommittee und alle Beteiligten!

Nach der Abstimmung – die erste Party! In einem Rooftop am Wasser auf zwei Stockwerken konnte man sich endlich gefühlt zum ersten Mal mit den Delegierten, mit denen man vorher noch zusammengearbeitet hatte, auch privat unterhalten, um die internationale Zusammenarbeit nicht modellhaft in der Konferenz zu belassen, sondern real umzusetzen und viele neue Leute aus aller Welt kennenlernen!

Am nächsten Morgen ging es für die Delegierten aus GA1, GA2 und GA3 dann in das Objekt der Begierde – die UN General Assembly Hall. Hier wurden noch einmal alle angenommenen Resolutionen der GA besprochen und abgestimmt. Tarek durfte sogar 15 Sekunden lang über die echten UN-Mikrophone sprechen!

Nachdem die Abstimmung vorbei war, durften dann auch alle anderen in die heiligen Hallen, um der Closing Ceremony beizuwohnen, wo wir mit einer Einladung zur NMUN auf den Galapagos-Inseln und einem Honourable Mention Award verabschiedet wurden.

Abends, nachdem der letzte Tag mit Shopping und Pizza verbracht wurde, ging es dann auf den Delegates Dance. Was formell nach einem Ballabend mit schicken Klamotten klingt, erwies sich tatsächlich als eine riesige, mehrstöckige Party, auf der wir gemeinsam unseren letzten Abend feiern und ausklingen lassen konnten.

Am Morgen mussten wir aus dem Hotel und nach und nach fuhren diejenigen, die am Tag zurückflogen, in Richtung der verschiedenen Flughäfen New Yorks. Einige, die vorher nicht dabei sein konnten, entschieden sich zu einer nachträglichen Zeit in New York, um die Stadt, die man bisher vor allem vom Hotelzimmer aus sehen konnte, richtig kennenzulernen.

Auch für Milena war mit der Ankunft zu Hause noch nicht alles vorbei. Sie musste gleich am nächsten Tag, mit Jetlag und wenig Vorbereitungszeit, in das WDR-Studio in Münster kommen, um in der Lokalzeit Münster Rede und Antwort zu stehen.

Nun sind wir alle wieder zu Hause und konnten die ganze Reise und Konferenz Revue passieren lassen. Es war für uns alle eine sehr intensive Erfahrung, aus der wir großartige Bekanntschaften und Eindrücke mitnehmen konnten. Es gibt wohl kaum eine Konferenz, die die United Nations so authentisch und realistisch nachstellt wie die NMUN in New York. Auch aus diesem Grund sind wir sehr dankbar und froh, dass wir die Möglichkeit dazu bekommen haben, dieses Jahr die Delegation des Münster MUN e.V. stellen zu dürfen, und Haiti international vertreten zu dürfen!

– Geschrieben am 20.04.2017 von Thomas Lingemann (NMUN-Delegation 2017); Anpassung am 12.05.2021 von Philipp Woschek.